Entnazifizierung, Heimkehrer und Vertriebenenintegration

Die auf den ersten Blick eventuell widersprüchliche Kombination der Themenbereiche „Heimkehrer“, Vertriebene und „Entnazifizierung“ täuscht, denn bereits bei einer groben Sichtung des relevanten Quellenmaterials ergeben sich Gemeinsamkeiten. Als Begründung mag die Tatsache gelten, dass diese Bereiche ausschließlich nach realpolitischen und parteitaktischen Erwägungen behandelt wurden. In beiden Fällen wurden Personengruppen angesprochen, die nicht von Anfang an und oft erst nach Jahren emanzipiert und somit aus parteipolitischer Sicht nur eingeschränkt rekrutierbar waren.

Sowohl SPÖ als auch ÖVP zeigten parteitaktische Ressentiments betreffend einer Einbürgerung der vertriebenen ausländischen Staatsbürger als Gesamtgruppe, da befürchtet wurde, dass die überwiegend sozialdemokratisch orientierten Sudetendeutschen zu einer Stärkung der SPÖ und die mehrheitlich katholisch-konservativ strukturierten Donauschwaben, die die Mehrheit unter den Volksdeutschen stellten, zu einem ÖVP-Übergewicht führen könnten.

Der Disput zwischen ÖVP und SPÖ bei den Vertriebenen um entsprechende Kompetenzverteilung und um Wählerstimmen fand auch im Bereich der Heimatvertriebenen statt. Der Flüchtlingsbeirat im Innenministerium war zwar nach dem Proporz besetzt, trotzdem empfand man auf ÖVP-Seite den Einfluss von Bundesminister Helmer als zu dominierend. Folglich wurde die Forderung aufgestellt, dieses Gremium in das Bundeskanzleramt/Auswärtige Angelegenheiten (BKA/AA) einzugliedern und eine „Flüchtlings-Zentralstelle“ zu schaffen. Auch die Einbürgerungen, die zwar von Rechts wegen Landessache waren, sollten im BKA/AA besser beobachtet werden können. 

Die Probleme der Entnazifizierung, Heimkehrer und Vertriebeneintegration waren bekanntlich nicht einfach zu lösen und haben eine große Herausforderung für die junge Zweite Republik dargestellt. 

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